Effektive Mikroorganismen und Holzkohle machen Hühnerdreck zu wertvoller Schwarzerde
Die 15-köpfige Gruppe aus dem Weserbergland (Biobauern, Kleingärtner, Mitglieder einer Einkaufsgemeinschaft für gesunde Lebensmittel, Vertreter der Bioenergieagentur Weserbergland und des BUND) betritt den Stall des Eierbauern Hennes und staunt:
Über 3.000 weiße und braune Legehennen gackern wohlig vor sich hin, scharren auf dem Stroh oder sitzen auf den Stangen - und es stinkt nicht. Es riecht dafür fein säuerlich. Der Grund: Die Hühner koten auf ein Kotband, das mit Holzkohlengrieß belegt ist. Über die Lüftung bringt Bauer Hennes eine Mischung besonderer Mikroorganismen ein, die sich auch in der Holzkohle ansiedeln: Hefen, Milchsäure- und Chlorophyll-Bakterien. Diese Bakterienstämme stoppen die Fäulnisprozesse und lenken die Biologie im Stall in Richtung Fermentation, ein Vorgang, der sich auch bei der Sauerkrautherstellung abspielt.
Diesen einmal eingeleiteten biologischen Prozess nutzt Landwirt Hennes weiter: der Hühnerkot mitsamt dem Stroh und der Holzkohle wird auf in eine Miete eingebracht.
Unter einer Folie reift der Abfall aus dem Hühnerstall zu einer wertvollen Schwarzerde, die fein säuerlich riecht und als Chiemgauer Schwarzerde besten Absatz findet.
Auch andere Landwirte aus der Gegend veredeln Dung und frische Biomasse mit Holzkohle zu dieser überaus fruchtbaren Schwarzerde, während des Ganges über den Hof erlebt die Gruppe, wie sich ein Kunde mit dem Anhänger einen Bigpack Holzkohle abholt - 750 kg schwer.
Am nächsten Morgen hält Christoph Fischer einen Vortrag vor den Weserbergländern, und erklärt, wie er vom Anhänger der Effektiven Mikroorganismen zu deren Weiterentwickler wurde. Wikipedia hierzu: "Der japanische Agrarwissenschaftler Teruo Higa von der Ryukyu Universität auf Okinawa berichtete in den 1970er Jahren, dass eine Kombination von etwa 80 verschiedenen Mikroorganismen in der Lage sei, faulende (aus seiner Sicht lebensfeindliche) organische Substanz so zu beeinflussen, dass daraus ein lebensfördernder Prozess entstehe mit einer zusätzlichen Anreicherung mit Vitaminen, Enzymen und weiteren Wirkstoffen."
Fischer gelang es, die Landwirte des Chiemgau gegen den Einsatz von Gentechnik zu mobilisieren, als bessere Alternative entdeckten die Chiemgauer Landwirte den Einsatz dieser Mikroorganismen als Hilfsstoff für die Landwirtschaft . In regelmäßigen Abständen trifft sich ein Stammtisch, zu dem über 200 Landwirte aus dem ganzen Chiemgau anreisen.
Insgesamt setzen über 750 Landwirte im Chiemgau auf diesen Mix von positiv wirkenden Mikroorganismen.
Gekrönt wird die Entwicklung jetzt vom immer breiteren Einsatz dieser Bakterienstämme zur Herstellung der fruchtbaren Schwarzerde. Das Rezept wurde wiederentdeckt von Dr. Haiko Pieplow, Agrarwissenschaftler aus dem Bundesumweltministerium.
Ihm gelang es gemeinsam mit zwei anderen Forschern, der extrem fruchtbaren Schwarzerde am Amazonas (Terra Preta) das Geheimnis ihrer Herstellung zu entlocken. Es besteht im wesentlichen aus der milchsauren Vergärung von frischer Biomasse und Dung, die unter Luftabschluss gemischt werden mit 10 Prozent Holzkohle.
Die feinen Poren der Holzkohle dienen als Behausung der Mikroorganismen, als Speicher für Wasser und Nährstoffe. Zugleich ist die Holzkohle ein CO-2-Speicher auf Dauer, berichtet Fischer.
Den durchschlagensten Erfolg sollen diese der Fäulnis entgegenwirkenden Bakterienstämme gehabt haben, als nach dem Tsunami 2004 an den Stränden Thailands alle Vorräte an diesen Mikroorganismen zusammengezogen wurden, um die mit Schlamm und Kadavern bedeckten Strände damit zu besprühen. Die befürchteten Epidemien blieben aus, berichtet Fischer, der den asiatischen Raum mehrfach bereist hat.
Fischers Vortrag überzeugte die Weserbergländer und ermutigte sie zu eigenem Tun. Brunhild Kühl, Fachberaterin des Bezirksverbandes der Hamelner Kleingärtner will erste Versuche wagen.
Biolandwirt Eberhard Schulz aus Königsförde bestellte für sich und Kollegen 6 Bigpacks Kohlengrieß, die Firma Neudorff steuert 3 t Gesteinsmehl bei, von der Kreisabfallwirtschaft kommen 20 t Biomasse. Noch in diesem Frühjahr will Schulz selber testen, wie sich die Ausbringung von dieser speziellen Schwarzerde auf den Ertrag seines Kartoffelackers auswirkt. (sara)